Hafenstrasse als Modellgebiet für Bezahlbares Wohnen in Greifswald » Einstiegsthesen - Originalbeiträge » Die Einstiegsbeiträge » "Bezahlbares Wohnen" - Einführung (E. von Malottki, M. Wölk, J. Kasbohm)
Mit dem Beitrag der Bauausschuss-/Bürgerschaftsmitglieder Dr. M. Wölk, Dr. J. Kasbohm und E. v. Malottki beginnt der Einstieg in diesen Blog und in das Thema "Bezahlbares Wohnen". Die Autoren haben ihren Part wie folgt gegliedert:
1. Warum überhaupt die Beschäftigung mit dem Thema „Bezahlbares Wohnen?“
2. Was heißt „Bezahlbares Wohnen“?
3. Wen betrifft womöglich das Problem „Bezahlbarer Wohnraum“?
4. Wie sieht es in Greifswald dazu aus?
5. Welche Strategien könnten auch für die Hafenstrasse sinnvoll sein?
Wenn bezahlbarer Wohnraum fehlt, warum baut die Stadt dann nicht selbst auf dem Gelände? Die Rendite ist garantiert, also sollten auch Kreditgeber zu finden sein? Ich glaube das es keinen besseren Bauherrn als die öffentliche Hand gibt, wenn da nicht wieder Leute involviert sind die Eigeninteressen verfolgen.
http://www.abendblatt-berlin.de/2016/07/10/investor-ausgebremst/
"Das Vorkaufsrecht ermöglicht es Kommunen, in Milieuschutzgebieten Grundstücke selbst oder zu Gunsten Dritter zu erwerben. In München und Hamburg ist das Vorkaufsrecht als wichtiges politisch-soziales Instrument bereits anerkannt, in Berlin ist der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg diesbezüglich Vorreiter"
Wir müssen nicht mal kaufen, sondern könnten gleich bauen.
Sehr geehrter Herr Galke,
dies sehen wir auch so. Die Stadt kann dazu sich der WVG bedienen. Auch die WGG entspricht sicher ihrem Anliegen oder eben Baugemeinschaften für den Eigenbedarf.
Aber das allein reicht nicht. Es bedarf auch einer Senkung der Bau- & Beschaffungskosten, sonst sind Mieten unter 8 €/m²und Monat nicht erreichbar.
Daher auch die vielen Unterpunkte in diesem Forum, um möglichst viele Anregungen zu sammeln, was kommunal leistbar ist.
Danke
In diesem Forum ist bislang so gut wie nichts geschrieben worden, die möglichst feine Untergliederung in einzelne Probleme ist zwar löblich, bringt aber nichts, wenn es keine Beteiligung gibt. Ich möchte meine Gedanken deshalb hier in den Hauptordner platzieren.
Die Mieten in Greifswald sind in den letzten Jahren stark angestiegen, dazu besteht Konsens. Die Ursachen werden vielfältig sein. Greifswald ist entgegen aller demografischen Voraussagen am Wachsen, zieht junge Menschen, die hier Arbeit und eine gute Infrastruktur suchen genauso an wie Senioren, die im Alter nicht mehr auf dem Lande wohnen wollen oder können. Zusätzlich teilt die Stadt das Schicksal so gut wie aller Universitätsstädte in Deutschland: viele Akademiker, die gut verdienen und oft umziehen treiben die Preise nach oben. Und man darf nicht vergessen, dass Kosten für Neubau von Wohngebäuden in den letzten Jahren massiv gestiegen sind und weiter steigen werden, das kann nicht spurlos an den Mieten vorübergehen. Auf der anderen Seite gibt es auch Zeichen der Entspannung auf dem Greifswalder Mietmarkt. So sollen laut Mieterverein die Mieten bei Wohnungen über 80 qm leicht gesunken sein.
Zunächst steht da die Frage, wie schafft und wie vergibt man billigen Wohnraum? Wie billig kann man überhaupt bauen, selbst bei 600 €/qm Subventionen. Unter 2000 €/qm wird man heutzutage kaum noch bauen zu können. Treffen die 6 qm/€ überhaupt das Bedürfnis einkommensschwacher Mieter oder ist das nicht einfach auch noch zu teuer? In der Stellungnahme der WVG ist das Hauptproblem schon benannt worden. Wer ist berechtigt, in die billigen Wohnungen in bester Lage zum Beispiel an der Hafenstraße einzuziehen? Wie verhindert man, dass der halbtags beschäftigte Doktorand dort einzieht und als gut bezahlter Professor immer noch dort wohnt? Laut Mietrecht geht das überhaupt nicht.
Einig sind wir uns, dass es zu wenig Wohnungen in Greifswald gibt. Aber gibt es zu wenig Sozialwohnungen? Mehr als die Hälfte aller Wohnungen gehören in Greifswald WGG und WVG, letztere hat als kommunaler Betrieb Zugriff auf über 40% der Wohnungen der Stadt. Und, das ist mir wichtig, diese Wohnungen verteilen sich auf das gesamte Stadtgebiet, ballen sich also nicht nur in einzelnen sozialen Brennpunkten. So besteht fast die gesamte nördliche Innenstadt aus WVG-Wohnungen. Gleichzeitig schüttet dieser Betrieb jährlich mehrere Millionen aus, die in den kommunalen Haushalt fließen. Das ist wie eine kommunale Sondersteuer, die nur WVG-Mieter bezahlen, ich zum Beispiel als Hausbesitzer nicht. Wenn man also der Meinung ist, dass einkommensschwache Mieter billigeren Wohnraum brauchen, warum bietet die WVG diesen denn nicht schon lange an, zum Beispiel auch querfinanziert aus den Gewinnen der WVG? Der hohe Anteil kommunaler Wohnungen ist ein Pfund, mit dem die Stadt viel mehr wuchern könnte, in westlichen Kommunen können Sie doch davon nur träumen.
Ich meine, der Stadt mangelt es an etwas Anderem. Ich bin Kinderarzt, bei mir sitzen täglich junge Familien mit kleinen Kindern, die in Mietwohnungen wohnen und eigentlich als nächsten Schritt Wohneigentum erwerben wollen. Das Angebot ist winzig, die Preise steigen weit stärker als die Mieten. Seit Jahren hat die Stadt kaum nennenswertes Bauland für Familien zur Verfügung gestellt, mit den Folgen, dass diese Familien ins Umland gezogen sind und jetzt jeden Morgen in die Stadt pendeln müssen, dazu die Kinder zur Schule und nachmittags zum Sport. Ich meine, die Stadt sollte mehr für die jungen Familien tun.
Wie soll nun das Wohngebiet aussehen? Die Fleischervorstadt wird von vielen Greifswaldern als attraktiv eingeschätzt, daran würde ich mich orientieren. Um die drei Stockwerke hohe Häuser im Karree mit ruhigen Innenhöfen möglichst ohne Parkplätze. 20 % sozialer Wohnungsbau durch die WVG, der Rest wird in einzelne Parzellen aufgeteilt und ausgeschrieben. Hier sollten möglichst keine Bauträger zum Zuge kommen, die Folgen deren Wirkens sind in der Stadt ausgiebig zu besichtigen. Sehr gefallen hat mir das Konzept der Bauherrengemeinschaften, 2 bis 3 Familien schließen sich zusammen oder eine Familie baut ein Haus, nutzt eine Wohnung und vermietet 2 weitere. Diese Vorgehensweise würde Individualität und damit Qualität sehr fördern. Der B-Plan gibt die Baukörper vor und die Stadt überwacht die Gestaltung. Die Bauherren wetteifern um die Konzepte und die besten bekommen den Zuschlag. Wie so etwas aussehen kann ist im neuen Wohngebiet rund um den Turning Torso in Malmö zu besichtigen.
Und der Mietmarkt? Der entspannt sich mit jeder Wohnung, die in Greifswald gebaut wird, egal ob Eigentums- oder Mietwohnung.
Und noch eine Bemerkung: wer der Meinung ist, dass man in gewissen Wohngebieten nicht menschenwürdig wohnen kann, sollte Steuergelder zur Aufwertung eben dieser Wohngebiete verwenden und nicht in einzelne Vorzeigeobjekte mit den oben genannten Problemen fließen lassen. Ich bin in Schönwalde I aufgewachsen und bin der Meinung, dass man da sehr wohl menschenwürdig wohnen kann, gleich wohl es Potential nach oben gibt. Im Ostseeviertel zum Beispiel ist die Aufwertung doch sehr gelungen.
Nur noch der Disclaimer: ich bin in Greifswald geboren und aufgewachsen und kann über das Erblühen dieser Stadt seit 1990 immer noch staunen. Ich bin fasziniert davon, ein neues Wohnviertel mitten in der Stadt entstehen zu sehen und ich wünsche mir ein schönes, kinder- und familienfreundliches Quartier und nicht, jetzt mal überspitzt formuliert, fünf billige Blöcke. Ich habe in keinster Weise ein Interesse, in diesem Gebiet Eigentum zu erwerben.
Sehr geehrter Herr Michel,
vielen Dank für Ihren Anfang an Diskussionsbeiträgen. Es lesen zwar sehr viele diese Beiträge hier, aber es mangelt eben an der Diskussion. Um eine solche Diskussion weiter anzustoßen, würden wir gerne Ihren Beitrag in den nächsten Tagen auch auf die einzelnen Themen zerlegen, wie wir es mit den Einstiegsbeiträgen auch getan haben.
Zitat
Einig sind wir uns, dass es zu wenig Wohnungen in Greifswald gibt. Aber gibt es zu wenig Sozialwohnungen? Mehr als die Hälfte aller Wohnungen gehören in Greifswald WGG und WVG, letztere hat als kommunaler Betrieb Zugriff auf über 40% der Wohnungen der Stadt. Und, das ist mir wichtig, diese Wohnungen verteilen sich auf das gesamte Stadtgebiet, ballen sich also nicht nur in einzelnen sozialen Brennpunkten.
Ferner wiesen Sie auf das Potential der WVG, WGG und anderer hin (Stichwort: Mietspiegel). Der Mietspiegel 2016 bezieht sich ebenfalls auf ca. 40% des Greifswalder Mietwohnungsbestandes. Die privaten Anbieter sind weitgehend nicht dabei (siehe auch unter Empfehlungen der AG Bezahlbares Wohnen).
Was ich mit dem Bild zum Greifswalder Mietspiegel 2016 zeigen möchte:
In der Tat, wir haben in der Stadt eine Großzahl an günstigen Mietwohnungen - in allen Größen, in allen Wohnwertklassen und man lebt nicht schlecht darin. Diese Verfügbarkeit gilt aber eigentlich nur im Bestand bis 1990, also in Bauten, die mehr als 20 Jahre alt sind, und dies ist damit besonders auf einige einzelne Stadtteile beschränkt. Die geringe Leerstandsquote ermöglicht auch kaum Flexibilität. Also steht danach die Frage, wie bekommen wir die Baukosten für Neubauten runter und was können wir noch darüber hinaus dazu tun.
(Das Original des Mietspiegels 2016 gibt es hier auf Seite 8)
Legende: Die 5.85 €/m² wäre eine mögliche theoretische Grenze der Bezahlbarkeit spezifisch für Greifswalder Einkommensverhältnisse (erklärt in BezWohn). Alles was hier auf dem Bild nicht ausge-X wurde, liegt unter diesem Wert.
Zitat
In der Stellungnahme der WVG ist das Hauptproblem schon benannt worden. Wer ist berechtigt, in die billigen Wohnungen in bester Lage zum Beispiel an der Hafenstraße einzuziehen? Wie verhindert man, dass der halbtags beschäftigte Doktorand dort einzieht und als gut bezahlter Professor immer noch dort wohnt? Laut Mietrecht geht das überhaupt nicht.
Berufungen an die eigene Hochschule sind eine absolute Ausnahme. Aber darum ging es Ihnen ja gar nicht. Mit Ihrer eigentlichen Frage schneiden sie damit mehrere Problem zugleich an: Einerseits konkret für die künftige Hafenstrasse, aber man kann diese Frage auch auf alle günstigen Wohnungen beziehen. Andererseits möchten wir aus Nachhaltigskeitsgründen möglichst lange Mietverhältnisse haben (Stichwort: generationen-übergreifendes und altersgerechtes Wohnen).
Bei geförderten Sozialwohnungen ist es eigentlich recht einfach über die Gültigkeit des Wohnberechtigungsscheines etc. Aber bei bezahlbaren Wohnraum ist es anders und zum Teil auch so gewollt (siehe oben).
Aber wir kann man im Rahmen des Mietrechtes doch einige zum Umzug motivieren? Da zeigt beispielsweise die GEWOBA in Potsdam, was es für Möglichkeiten geben kann, Mieter über Bonusprogramme (hier zur GEWOBA und deren Bonusprogramme) aus ihren Wohnungen zu locken.
Da gibt es z.B. einen Kinderbonus (für jedes Kind 50 EUR/Monat Ersparnis für ein Jahr), einen Wohnflächenbonus (Große gegen kleinere Wohnung tauschen), einen Wohnflächenbonus + 2:1 und einen örtlich begrenzten Mobilitätsbonus. Auch verfügt Potsdam über einen Sozialfonds. Dieser gestattet es, zusätzlich Wohnungen zu einem Mietpreis von 5,50 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche anzubieten.
Darüber hinaus gibt es noch einzelfallbezogene Mietnachlässe bei angemessener Wohnungsgröße z.B. für Alleinerziehende oder auch Azubis/Studenten mit Kindern sowie Senioren und Geringverdiener, bei nachgewiesener zu hoher Mietbelastung nach Modernisierung.
Mit solchen Fragen, wie von Ihnen Herr Michel, hoffen wir, die Organisatoren dieser Seiten, zu mehr Beispielen zu kommen, was andere schon erprobt haben.
Moment, das habe ich nicht verstanden. Ich ziehe als bedürftiger Student in eine bezahlbare Wohnung und freue mich überm die niedrige Miete, mache anschliessend Karriere an der Uni und wohne als gut verdienender Oberarzt immer noch da. Warum sollte ich ausziehen, wenn ich mit der Wohnung zufrieden bin? Und wer kann mich zum Auszug veranlassen?
Die Beispiele aus Potsdam habe ich mir angesehen. Wie sind denn die Erfahrungen der Potsdamer mit diesem Programm? Kommt es zu zu den angestrebten Umzügen?
In der Regel wird wohl der Oberarzt mehr Fläche wollen, als zu Zeiten seiner studentischen Aktivitäten. Eigentlich geht es dabei nicht um den Auszug (da kann man nur locken), sondern um die Förderung von damals, die dann nicht mehr wirken sollte (Wohnberechtigungsschein etc.).
Zu Potsdam liegen uns auch nur die Informationen aus dem Netz vor. Einige Zahlen liessen sich da auch finden. Mit diesen Postdamer Beispielen wollten wir hier erstmal zu zeigen, dass noch einige Werkzeuge zusätzlich vorhanden sind, um im Bestand durch lockende Angebote etwas mehr Flexibilität zu bekommen. Ob diese Beispiele aus Potsdam in Greifswald auch wirklich hilfreich wären, müsste man noch untersuchen.
Könnte man sich denn nicht - wie in dem Potsdamer Beispiel geschehen - angucken wie andere Städte diese Probleme lösen? Und sich "einfach" die besten Ideen zu einem Gesamtkonzept zusammenklauben. wie macht es denn Malmö? Ich könnte mir vorstellen, dass es gerade auch in Skandinavien weitere Ideen gibt, die sich sinnvoll umsetzen lassen.
Ich habe zum Beispiel zwei Jahre in einem Viertel von Lund (Schweden gewohnt), wo ein privater Bauherr eine Reihe von unterschiedlichen Wohnungen gebaut hat (mit einem entsprechenden hochwertigen Wohnumfeld), die in Schweden seltenen, bezahlbaren Mietwohnraum boten (http://tornahem.se/sv/lund/).
Ich halte das Zerlegen in Einzelaussagen für keine hilfreiche Massnahme, um hier die Diskussion anzuschubsen. Wie schon Herr Michel bemerkt, ist das nicht zielführend. Ich fühle mich bei den meisten Einzelaussagen aus irgendwelchen Themenpapieren verschiedener Experten nicht zur Stellungnahme aufgefordert.
Mehr oder weniger Experten beziehen in diesen Themen Position. Dies wird häufig in einer Wortwahl getan, die für den Laien schlecht bis gar nicht verständlich ist. Und mit einem naturwissenschaftlichen Universitätsabschluss gehöre ich vielleicht zur gebildeteren Hälfte der Bevölkerung. Darüber hinaus kann wahrscheinlich nur ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung die Einzelaussagen auf Richtigkeit bewerten. Oder es gibt einfach keine Kontroverse in der Einzelaussage. Als Beispiel: Der Aussage, dass mit der Entstehung neuen Wohnraums und einem evtl. Umzug von Greifswaldern in diese neuen Wohnungen frei werdende Sozialwohnungen für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum genutzt werden sollten/könnten, wird wohl niemand widersprechen. Darüber wird wohl so sehr Konsens gelten wie über die Aussage, dass Kinder nicht sexuell missbraucht werden sollten. Das ist einfach logisch. Was für eine Diskussion sollte darüber entstehen?
Ich denke, für eine grössere Bürgerbeteiligung müsste man erstens offene Fragen stellen. Man könnte die Thesenpapiere von Stadtwerken, Architekten, Wohnungsbaugesellschaften etc. auf einzelne Thesen eindampfen und dann die Bürger nach offenen Ideen fragen. Wie stellen die sich bezahlbaren Wohnraum vor? Wie soll das Quartier denn gestaltet werden? Welche Energieoptionen sollen genutzt werden? Wollen die Bürger verkehrsberuhigte Zonen? Was wollen sie architektonisch? Wer soll bauen? Wie sollten Grundstücke an private Bauherren verkauft werden (unter was für Auflagen)? Solche Fragen muss man den Leuten stellen.
Zweitens muss man die Bürgerbeteiligung einfordern und einwerben. Ein "verstecktes" Forum reicht nicht. Extremfälle wie Stuttgart 21 zeigen, wie gut das funktioniert. "Öffentliche" Planungen, die praktisch unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden sind Unfug. Oder anders: Wenn ein Sportartikelhersteller seinen neuen Sportschuh verkaufen will, dass macht er aggressiv dafür Werbung. Dann werden Spots im Fernsehen geschaltet und grosse Plakate aufgestellt. Wenn die Stadt wirklich Bürgerbeteiligung an dieser Diskussion wünscht, dann muss man für die Beteiligung werben. Warum nicht Plakatwände mit Hinweis auf die Planung und das Forum hier neben all die Politikerwerbung stellen? Eine ganzseitige Anzeige im Lokalteil der Ostseezeitung und dieser Umsonstwerbewochenendblätter. Eine Werbebanner auf der Webseite der Stadt und der Uni. Usw. Das müsste nicht nur hier, sondern eigentlich viel öfter bei allen möglichen Fragen, bei denen Bürgerbeteiligung möglich ist geschehen. Das wäre übrigens auch ein extrem sinnvoller Weg, dieser um sich greifenden "Politikverdrossenheit" Herr zu werden.
My point of view...
Hallo,
ich kann mich dem Beitrag von Herrn Michel in vielen Punkten anschließen! Ebenfalls zielführend empfinde ich den Beitrag der WVG zu diesem Thema (Wie kann durch den Neubau […] anderswo in Greifswald günstiger Wohnraum […] geschaffen werden?)
In der OZ war heute zu lesen, dass bereits 3Mio€ nur für die Sanierung der Flächen aufgewendet wurden. Macht 40€/m^2 oder etwa 120€ je m^2 Gebäudefläche (Gebäudeanteil etwa 1/3). Hinzu kommen noch die üblichen Erschließungskosten und Mehrkosten durch den schwierigen Baugrund. Würden also die Grundstücke wie im Beitrag „Baukostensenkung“ zu den „Selbstkosten“ verkauft werden wäre dies schon ein ordentlicher Kostenfaktor, der gegen die Machbarkeit von sozialem Wohnungsbau spricht. Weitere Vorschläge wie „4 Wohnungen je Aufgang und Geschoss“ und Neudefinition der Räume durch Doppelnutzung und Flächenverzahnung bedeutet für mich nichts anderes als 1-Raum für alles auf 20qm plus Nasszelle. Das mag als Student oder Berufseinsteiger ok sein aber auf Dauer möchte man seine Gäste sicher nicht in seinem Wohn-/Schlafzimmer empfangen (ging mir zumindest so). Alle Vorschläge aus Punkt 2 zielen darauf ab möglichst viele Leute auf kleinster Fläche unterzubringen… Führt dies nicht zu Ghettobildung und zu mehr Konfliktpotential? Und Studentenbunker gibt es ja mittlerweile reichlich in Greifswald.
Ebenso kann ich die die Argumente nicht nachvollziehen, dass ein geringer Leerstand zu weniger Möglichkeiten für Wohnungswechsel führt. In unserem Haus (Altbau Fleischervorstadt) wohnen wir jetzt ca. 4 Jahre und heute wohnt nur noch ca. 1/3 der ursprünglichen Mieter im Haus (16WE bei 2 Aufgängen). 2 Wohnungen sind frei und werden z.Z. saniert und 4 werden binnen 1 Jahres frei, darauf entfallen 2 Neubauten und 2 Wechsel in andere Altbauten (verkleinern und vergrößern).
Anstatt im B-Plan 55 unnötig Millionen zu verpulvern könnte man lieber Wohnviertel wie das Ostseeviertel Parkseite aufwerten. Um mal einige Vorteile zu nennen
· Soziale Durchmischung durch die EFH/Reihenhäuser im Norden und B-Plan 62
· Nahversorgung im Viertel + EDEKA und Ärzte im unmittelbarem Umfeld
· Nähe zu Wieck und Eldena sowie dem Strand und dem Stadtforst.
· Verkehrsgünstige Lage durch die Wolgaster mit Radweg und dem Pfad am Ryck
· Kita und Kindergarten vorhanden
· Viele Parkplätze
· Vorhandene Erfahrungen im Stadtumbau und keine zusätzlichen Kosten durch teure Grundstückserschließungen
Ebenso problematisch sehe ich die Verfügbarkeit von Bauland für EFH und sonstiges Wohneigentum. Diese sind derzeit auf dem freien Markt gefühlt ab 150€ je qm zuhaben (natürlich zzgl.12% für Grundsteuer und 7% Makler usw.). Selbst im B-Plan 88 zahle ich für ein Grundstück 105€ je/qm, also bis zu 70.000€ für ein Strandtuch. Hinzu kommt, dass die wenigsten Grundstücke über eine Südausrichtung + Garten im Süden verfügen. Nach EnEV soll möglichst viel Fensterfläche in dieser Richtung sein um die Sonne als zusätzliche Wärmequelle nutzen zu können. Nun wurden aber viele Grundstücke so ausgerichtet, dass man die Gebäude nicht ansatzweise nach Süden ausrichteten kann. Besonders im zweiten Abschnitt ist dies fast nicht möglich und im ersten häufig nur, wenn ich mein Wohnzimmer an der Straße baue.
Diese alles führt bei uns ebenfalls dazu, dass wir, im nächsten Jahr Greifswald den Rücken kehren werden und lieber pendeln. Wieder eine junge Familie weniger die zur Erhöhung des BIP beigetragen hat...
Zur Gestaltung des Wohngebietes kann ich Michel total zustimmen. Das Karree ohne Parkplätze bietet folgende Vorteile:
· Ruhige Innenhöfe
· Keine teuren Durchfahrten wie bei den ganzen Verdichtungen in den Vorstätten und somit weniger Versiegelung des gesamten Innenhofes für Parkplätze
· Energieeinsparung durch Minimierung der Gebäudeaußenfläche
· Bei drei bis vier Etagen und gemeinsamen Innenhof ist eine bessere Bildung von Gemeinschaften im Haus möglich, was das Wohlbefinden steigert. Wer möchte schon dauerhaft mit X Unbekannten in einem Haus wohnen?
Problematisch sehe ich ebenfalls den Nachweis der Bedürftigkeit und die Abwicklung beim hoffentlich eintretenden Verlust dieser. Wie stellt man sich das vor, wenn jemand z.B. befristet für ein Jahr eine bezahlte Tätigkeit aufnimmt? Mit dem Wechsel einer Wohnung sind unter Umständen hohe Kosten verbunden. Einige Beispiele: Malern und Spachteln der alten Wohnung, Kaution der neuen Wohnung, Ummeldung, Umzugskosten für Transport etc., Ablöse für Küche oder die Anschaffung einer solchen. Dies alles führt gerne mal zu Kosten im mittleren 4-stelligen Bereich. Und nach dem Jahr Zwangsauszug? Wieder Kosten für einen neuen Umzug?
Auf mich wirkt es ebenso Schizophren auf der einen Seite ein billig/ sozial Quartier für 1000 Menschen zu planen und auf der anderen Seite von sozialer Durchmischung zu reden. Der „bezahlbare und soziale Wohnraum“ sollte dementsprechend auch dezentral geschaffen werden und nicht nur in Greifswald sondern auch in den umliegenden Dörfern. Was spricht gegen den Bau von Gebäuden mit 12WE in den Umlandgemeinden und einer Förderung des Regionalverkehrs? Nicht jeder muss mit direktem Blick auf den Marktplatz von Greifswald wohnen. Wer geht schon täglich in der Innenstadt schoppen oder wöchentlich ins Kino? In meiner Zeit in Rostock musste man auch mit S-Bahn und Straßenbahn bis zu 30 Minuten zum Kino fahren…Der Nahverkehr ist hier die entscheidende Komponente für dezentrales Wohnen und Aufwertung aller Bereiche einer Stadt!
Verwunderlich ist es ebenfalls, dass man sich immer auf die Kaltmieten versteift. Wichtig sind die Warmmieten! Wenn die Häuser als KFW 55 oder 40 gebaut werden und mit Fernwärme beheizt werden sind die Zusatzkosten relativ gering und es kann noch ein Tilgungszuschuss in Anspruch genommen werden. Durch diese Maßnahmen können die Heizkosten auf 1/3 im Vergleich zu einem Altbau gedrückt werden, was nicht unerheblich ist. Da sozialer Wohnungsbau auch beinhaltet, dass für Ältere und Leute mit Handicap gebaut wird, könnten die unteren Wohnungen barrierefrei gestaltet werden. Bei der Karreelösung mit 4 Etagen wären dies 25% der Wohnungen ohne, dass hohe Kosten durch Bau und Betrieb von Fahrstühlen anfallen würden. Familienfreundlich wäre zudem die Schaffung von Kinderwagenparkplätzen im EG. Unnötige Kostentreiber bei schönen Innenhöfen wären ebenfalls Balkone, welche bei derzeitigen Neubauten gerne mal 15qm haben.
Was aus meiner Sicht auch kaum beachtet wird, ist der Umstand, dass die hohe Nachfrage nach Wohnraum in den „guten Lagen“ in Greifswald die Preise treibt und sollten tatsächlich im P-Plan 55 hauptsächlich die geringen Mietsegmente bedient werden führt dies nicht zu einer Entlastung der „guten Lagen“ und lediglich zu einer Flucht von vielen aus den „mittleren bis schlechten Lagen“ in die hübschen neuen Wohnungen am Wasser. Wer will für den gleichen Preis schon in einer 60er-Jahreplatte wohnen, wenn er quasi in der Innenstadt wohnen kann? Damit wird es ohne parallele Aufwertung der „mittleren bis schlechten Lagen“ nur deren Probleme verschärfen und diese unattraktiver machen.
Schluss der vielen Worte auch, wenn es noch vieles zusagen gibt und noch mein Appell zum Schluss an euch von diesem aberwitzigen Unterfangen dort Abstand zu nehmen und Millionen an Subventionen, egal ob von Bund, Ländern, Stadt oder WVG, zu verballern und baut dort lieber ein vernünftiges Wohngebiet und keine „fünf billige Blöcke“ wie es Michel ausdrückte. Dies löst keines von Greifswalds Wohnproblemen und richtet nur mehr Schaden an als Nutzen. Mit dem B-Plan 55 habt Ihr ein Instrument um den gesamten Greifswalder Wohnungsmarkt zu entspannen!
FG
Leider habe ich die erste Stunde der Präsentation verpasst, so dass ich wenig zur Planung erfahren habe. Aktuell werden wohl doch mehrere „Wohntürme“ wie in der K.-Krull-Straße geplant. Das finde ich schade, sehr wohnlich finde ich diese Gestaltung im Vergleich zur Karreebildung nicht. Der Projektentwickler aus Berlin hat dies sehr schön gesagt: es geht darum, Nachbarschaften zu ermöglichen, und dies geschieht vor allem, wenn man sich auch gerne mal draussen aufhält und nicht nur in seinen Wänden hockt. Der Entwurf der Cottbusser kommt da meinen Vorstellungen näher.
Die Vorstellung, dort Mietwohnungen für 5,50 kalt anzubieten sollte man nach dem Workshop begraben. Die Mittel vom Land werden nur 2016 und 2017 ausgegeben, Baubeginn ist doch realistischerweise nach 2020. Bis dahin wird sich der Baupreis für normalen Standard Richtung 2500 €/qm ohne Grundstückskosten bewegt haben, da wären dann 650 € nur ein Tropfen auf den heißen Stein. (Der Projektentwickler aus Berlin, der so unglaublich billigen Wohnraum versprach, hat ja schon vor 7 Jahren in Kreuzberg für 2300 €/qm gebaut).
Bezahlbar sollte schon gebaut werden und kann auch gebaut werden. Durch die bevorzugte Vergabe an Bauherrengemeinschaften (Oh je - Gendersünde) und Genossenschaften, die dort zur Eigennutzung bauen kann man wirksam verhindern, dass mit der schönen Lage spekuliert und Geld gemacht wird. Nur spottbillig wird es nicht, sondern es wird das kosten, was Bauen heutzutage kostet. Und dann sollte man auch etwas Vernünftiges und Nachhaltiges schaffen und nicht für ein paar Euro Chancen verspielen.
So sehe ich zu Tiefgaragen wenig Alternativen, aufgrund der großflächigen Planung kann man aber z. B. nur 2 große bauen, was billiger und platzsparender wird als wenn jeder seine eigene Garage ins Haus baut (Nicht vergessen, die Zukunft des Autos soll elektrisch sein und dann muss es über Nacht irgendwo geladen werden können). Was den Verkehr betrifft: seit ich so zentral in der Innenstadt wohne, benötige ich das Auto nur noch zum Einkaufen, den Rest kann man in Greifswald wunderbar zu Fuß oder mit dem Rad erledigen. Dies wird den Bewohnern in diesem Gebiet ähnlich gehen.
Seit Sommer letzten Jahres ist hier im Forum nicht mehr viel passiert.
Wie ist denn der aktuelle Stand? Ich hatte eigentlich die Vorstellung, dass hier regelmäßig über den Fortschritt der Planungen berichtet wird, damit eine Bürgerbeteiligung auch möglich ist ...
Oder wo bekomme ich die neuesten Informationen?
A. Michel